Warum eigentlich Gedankenflöhe?

Jeder kennt das: Man sitzt im Zug alleine und hört Musik, man sitzt bei der Arbeit oder in der Schule und schaut in den Himmel aus dem Fenster, man ist mit Freunden im Auto unterwegs und zwischendurch gibt es immer wieder die Minuten der Stille und man sieht auf die Straßen, wie die Laternen an einem vorbeisausen.
In diesen Momenten und in noch ganz vielen mehr lasse ich meine Gedanken kreisen. Sie Hut, Stock und Gesangbuch schnappen und auf Wanderschaft gehen. Dabei kann der Weg ganz unterschiedlich sein. Er kann echt sein, ein realler Weg den man im Leben gegangen ist und den man das ein oder andere Mal wieder abgeht. Mal bereut man die Wahl des Weges, mal ist man froh, sich für diesen Weg entschieden zu haben. Es kann aber auch genauso gut eine Reise in eine Ferne Zukunft sein. Da wo alles gut wird. Den am Ende wird ja bekanntlich alles gut. Wünsche und Träume werden wahr, so sagt es zumindest jedes Kindermärchen.
Was aber letzendlich das beste an diesen Gedanken ist, dass sie wie ein kleiner Floh von einem Weg zum anderen hüpfen. Wahllos so scheint es manchmal sich Dinge, Ereignisse und Vergangenheit oder Zukunft rauspickt.
Wenn ich also im Zug sitze und nach draußen auf die Welt blicke und still darauf warte an meinem Ziel anzukommen, ist der kleine Floh bereits in meinem Kopf unterwegs und bewegt sich durch meine Gedankenwelt.
Mein Blog beschäftigt sich mit diesen Flöhen. Gedanken, die mir immer wieder in den Sinn kommen, die mich beschäftigen oder auch einfach mal Dinge, die gesagt werden müssten.
Dabei müsst Ihr nicht immer meiner Meinung sein, wenn Ihr versucht meinen Gedankengängen zu folgen. Bildet euch selber Gedankenflöhe zu meinen Themen, lasst meine Gedanken in eure Gedanken und diese Flöhe für euch auf Reise gehen. Denn das ist das schöne in dieser kleinen Welt in unserem Kopf, wir können machen was wir wollen.
Jetzt viel Spaß beim Lesen und wer einen Rechtschreibfehler findet, darf ihn behalten.

Montag, 25. August 2014

Teil 7: Labyrinth



Hallihallo Ihr Lieben,

soo heute gibt es mal wieder einen kurzen Teil von meiner Kurzgeschichte.
Viel Vergnügen. Ich arbeite noch an den Anekdoten vom Festival und dann natürlich auch an Teil 8.
Genießt den August, auch wenn es regnet, denkt immer daran andere Leute, wie ICH, müssen täglich arbeiten. Da ist es schon schöner, ein paar Tage die Füße hochzulegen.

Eure Saphirblau


Ich saß im Auto und sah die Lichter der Stadt an mir vorbeisausen. Ich ignorierte so gut es ging alles, was im Auto vor sich ging, was ziemlich einfach war, da das bisschen Alkohol, was ich zu mir genommen hatte bereits ein wenig seiner Wirkung zeigte. Ich saß da sah die kleinen Sterne und die hellen Lampen an, fühlte mich wie in Watte gewickelt und ignorierte das Gespräch von Steven und Lena, die Hanna und mir etwas über die letzten Partys berichteten. Lena strich dabei ab- und zu liebevoll über Davids Arm, wenn er gerade schaltete und der Alkohol drehte sich dann in der Magengrube. Ich hätte heute mehr essen sollen, als nur ein paar Pfannkuchen.
„Das hört sich cool an oder Danny?“, fragte Hanna und drehte sich zu mir.
Ich drehte mich schnell zu ihr um, da ich nicht wollte, dass sie denkt, dass etwas nicht mit mir stimmte.
„Tut mir leid, ich hab nicht richtig zugehört.“, gestand ich dennoch kleinlaut.
„Steven fragte gerade, ob wir Lust hätten morgen Abend mit zum bowlen zu gehen?“, sie sah mich nickend an und gab mir damit ein Zeichen, dass ich auch kommen sollte.
„Wer kommt denn sonst so?“, sagte ich beiläufig. Und schaute nach vorne zu David, der mir ebenfalls durch den Rückspiegel einen Blick zuwarf. Ich wendete schnell wieder meinen Blick zu Steven, der mir antwortete.
„So die üblichen Verdächtigen: Simon, Sarah, Lena, David, ich, Tamara, wenn sie nett ist.“
Ich atmete tief ein. „Klar, warum nicht.“ Sagte ich und nickte zustimmend.
Plötzlich hielten wir an und David stieg aus. Lena folgte ihm zügig.
Ich schaute wieder aus dem Fenster und erkannte nichts. Es dämmerte bereits und ich fragte mich, wo wir waren, als ich ausstieg erkannte ich es und mein Herz rutschte mir in die Hose.
Ein Maisfeld.
Nein.
Ich sah im Hintergrund die restliche Meute, die sich nun vor dem Maisfeld versammelt hatte. Ich ahnte es, das war schlimmer als der Alkohol. Viel schlimmer.
Die anderen gingen langsam Richtung Menge und ich schlich hinter ihnen her. Meine Beine bewegten sich nur widerwillig.
Scheiße verdammt, warum muss mein Leben auch so kaputt sein?
Nicht mal einen Abend kann ich richtig genießen ohne in meine Albträume zurückgeworfen zu werden.
Simon stand da, während der Rest der Menge sich hinsetzte. Ich setzte mich hinter Steven und Hanna und plötzlich setzte sich David neben mich, doch ich ignorierte ihn einfach.
Ich hatte gerade echt genug andere Sorgen.
„Okay Leute, weiter geht’s. Wir spielen mal wieder: Wo ist es? In diesem Maisfeld sind eine 5 Liter Flasche Sekt und 2 Fässer Bier versteckt. Ihr habt jetzt die ehrenvolle Aufgabe durchs Maisfeld zu schleichen und diese Sachen zu finden. Aber keine Sorge, dieses Mal gibt es ein Limit. Nach zwei Stunden müsst ihr die Sachen haben, dann geht’s weiter zur End- Party aufs Dach. Nochmal die ganze Nacht lasse ich euch nicht nach dem Kram suchen.“ Er lachte.
„Falls einer nicht mitmacht, bekommt er eine Strafe oder muss gehen, so sind die Regeln. Ansonsten viel Glück und habt Spaß!!“, grölte er durch die Menge, die jubelnd aufsprang und im Maisfeld verschwand. Ich legte meinen Kopf auf die Knie. Das kann doch alles nicht wahr sein.
In meinem Kopf wurde alles lauter und ich hörte Hanna und David fragen, ob wir losgehen wollten und ob es mir gut ginge, doch ich konnte nicht antworten. Plötzlich wusste ich, was ich tun musste. Ich musste hier weg und zwar schnell. Keine Sekunde länger konnte ich hierbleiben.
Ich sprang auf und ging schnellen Schrittes davon. Hinter mir hörte ich Stimmen, doch ich ignorierte alles. Ich wusste, dass ich mich kindisch benahm, aber das war mir im Moment egal.
„Daniela!“ Jemand packte mich am Arm und drehte mich schnell herum. Es war David, der mich etwas verwirrt anschaute. Hinter ihm kam Hanna hinterher. Steven und Lena standen weiter hinten und ich sah Lena auf Steven einreden, der kurz etwas erwiderte.
„Was ist los?“, fragte Hanna mich, die anscheinend schon wieder die Was- Regel vergessen hatte.
„Ich kann da nicht reingehen, okay. Ich kann euch nicht erklären wieso, es ist einfach so. Und jetzt werde ich gehen, denn so sind ja anscheinend die Regeln.“
Ich wollte mich losreißen, doch David ließ mich nicht los. Mir wurde heiß und ich schaute wieder auf das Maisfeld. Ich spürte mein Herzschlag bis zum Hals.
„Hey, nein. Ganz ruhig. Du brauchst da nicht rein, aber bitte bleib hier. Wir setzen uns ins Auto oder auf die Straße. Niemand wird dich zwingen da reinzukommen. Das mit der Strafe kriege ich schon organisiert.“, sagte David und sah mich an. Ich sah ihn an und atmete ein paarmal durch und dann nickte ich.
Welche Wahl hatte ich? Nach Hause laufen war eh eine Schnapsidee. Ich wusste kaum, wo wir waren.
„Okay.“, sagte Hanna langsam. „Ich kann bei dir hierbleiben.“ Sie lächelte.
„Nein, ich bleib hier, falls Simon mal raus kommt, kannst du ihm kaum überreden, dass ich die Strafe übernehme.“ Hanna runzelte die Stirn und nickte nur, dann schaute sie zu mir.
„Okay, na gut, dann pack ich mir mal Lena und Steven und wir legen besser mal los, bevor wir zu viel Aufsehen hier erregen was?!“, sagte Hanna an David gerichtet.
„Ja, danke Hanna. Das wäre super. Nimm Lena mit und sag ihr das alles gut ist und wir später nachkommen. Lass dich von ihr nicht abwimmeln, sag ihr ruhig, dass ich das gesagt habe. Ich werde ihr alles später erklären. Sie ist eh schon leicht betrunken.“ Er kratzte sich am Hinterkopf.
„Alles klar, pass bloß gut auf Danny auf, ja? Kein Blödsinn!“, sie drohte ihm mit dem Finger und er nickte bloß.
Während der ganzen Konversation stand ich nur da und dachte mit pochendem Kopf an diesen einen furchtbaren Abend im Maisfeld nach.
Dann war Hanna weg und ich sah nur noch kurz wie sie mit Lena und Steven redete, da zog mich David schon Richtung Auto. Doch anstatt mich dort reinzusetzen zog er mich auf den Boden und wir lehnten uns gegen den Autoreifen und schauten nun auf ein abgemähtes Getreidefeld. Nicht wirklich beruhigender, aber besser als das Maisfeld, das weckt böse Erinnerungen.

Eine lange Unendlichkeit sagten wir nichts und starrten nur in die Dunkelheit.
„Hast du Durst? Ich hab noch Wasser im Auto.“, sagte David leise.
Ich schüttelte den Kopf, doch weil ich nicht wusste, ob er das im Dunkeln sah, räusperte ich mich.
„Nein danke.“
„Weißt du es ist komisch, dass man kaum Sterne sieht, wenn der Vollmond so hell scheint.“, brach er die Stille endgültig.
„Das ist wie in einer Großstadt. Die Lichter vertreiben die Sterne der Nacht.“, sagte ich leise.
„Ja, ich weiß, dass hast du damals auch mal gesagt, als wir auf dem Strohballen uns die Sterne angesehen hast.“
„Das weiß ich gar nicht mehr.“
„Doch. Das war der Tag an dem mein Vater ausgezogen ist.“
Ich sagte erst nichts, doch dann wurde ich plötzlich mutig.
„Sei mir nicht böse, aber ich mochte deinen Vater nie besonders. So wie er deine Mutter und dich behandelt hatte, war er mir immer unsympathisch gewesen.“
Er lachte. „Ich weiß. Er hat dich auch nie gemocht, das beruhte wohl auf Gegenseitigkeit.“
Ich lächelte nur und seufzte einmal leise. Wunderte mich jetzt nicht wirklich.
„Darf ich dich was fragen?“
„War das nicht schon ne Frage?“ Ich lächelte.
„Ich meine noch etwas. Etwas Persönliches.“
„Ja.“, sagte ich ohne zu zögern.
„Warum hast du so eine große Angst vor Maisfeldern, Danny.“
Ich sah ihn an und dachte lange darüber nach, was ich sagen sollte. Ich kam von Lügen über Verweigern bis hin zu der Wahrheit. Ich kenne David jetzt schon mein halbes Leben mit Unterbrechungen. Wenn ich nicht mit ihm drüber reden kann, dann mit niemanden.
„Ich hab dir doch erzählt, dass ich mit meiner Mutter in einer Klinik war.“ Ich machte eine Pause. Er sagte nichts, doch griff leicht nach meiner kalten Hand, die auf der Straße lag und nahm sie zwischen seine, um sie etwas aufzuwärmen.
„Eines Abends ist sie aus dem Fenster abgehauen. In ein Maisfeld gelaufen und dann war sie weg. Ich sah nur noch wie sie langsam im Feld verschwand. Ich sprang hinterher und lief ihr nach. Im Dunkeln im Maisfeld. Ich war Stunden da drin und hab sie gesucht… doch ich hab sie nie gefunden.“
Wieder entstand eine Pause und ich atmete aus. Es tat gut, mal mit jemanden darüber zu reden.
„Weißt du warum sie abgehauen ist?“, fragte David leise.
„Nein… Ja… Ich weiß nicht genau… Ich hab sie nie wieder gesehen. Ich hab was ziemlich Dummes gesagt und danach ist sie angetrunken abgehauen.“ Tränen rollten mir über das Gesicht, doch ich brachte kein Ton heraus. Stilles Weinen war das einzige was ich noch konnte.
„Warte mal. Nie wieder gesehen? Was ist mit ihr..“
„Verschwunden.“, unterbrach ich ihn, bevor er Vermutungen anstellte, „Sie gilt offiziell als vermisst.“
„Doch das glaubst du nicht?“ Er kannte mich einfach schon zu lange.
„Nein.“ Ich atmete tief ein. „Als ich das Ende des Maisfeldes erreichte, war auf der anderen Seite ein Moorgebiet. Ich glaube, sie hat in ihrem Zustand nicht gewusst, wo sie da durchging.“ Weitere Tränen rollten mir übers Gesicht.
„Und jetzt machst du dir Vorwürfe.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
„Ich habe das Gefühl, dass ich sie hätte retten müssen. Ich war nur ein Raum weiter. Ich hätte wissen müssen, wie labil sie ist. Ich hätte auf sie aufpassen müssen. Sie war doch meine Mutter. Sie war doch auch immer für mich dagewesen.“ Ich schniefte kurz, doch dann war ich still.
„Nein, so darfst du nicht denken. Du warst 17? Du warst eindeutig noch zu jung, um so viel Verantwortung mit dir rumzutragen. Es war nicht deine Schuld, sondern ihre Entscheidung. Und wenn du mich fragst, glaube ich nicht, dass sie nicht mehr da ist.“
„Wie meinst du das?“ Ich runzelte die Stirn.
„Time out.“ Er drehte sich zu mir und machte ein T mit seinen Händen.
Ich lachte kurz auf, weil er bei seiner Geste so ein affigen Gesichtsaudruck machte.
„Vielleicht brauchte sie einfach mal eine Pause.“
„Eine Pause wovon?“, fragte ich und kannte die Antwort eigentlich schon.
„Vom Leben.“ Beantwortete er meine Frage dennoch.
Ich schniefte die letzten Tränen weg.
„Einmal hat sie zu mir gesagt, dass sie es hasst, Gefühle zu haben. Gefühle können etwas sehr Schönes sein, aber Gefühle können dich auch von Innen kaputt machen.“
Ich schaute ihn an, um zu schauen, ob er verstand was ich sagte. Er schaute mir direkt in die Augen.
Sekunden. Minuten. Ich wandte den Blick wieder auf das Getreidefeld mit den Sternen am Horizont.
Ja, Gefühle können einen auch von Innen zerstören.
„Ja, ich glaube, ich verstehe was deine Mutter dabei gefühlt hat.“
„Also“ sagte ich in einem fröhlicheren Ton, weil ich nun endgültig das Thema wechseln sollte.
Ich winkelte mein Bein an und setzte mich darauf, damit mein Hintern nicht am Asphalt festfriert.
„Also?“ fragte David, während ich meine Sitzposition änderte.
„Was ist meine Strafe?“, sagte ich während ich meine Jeansjacke etwas enger zog.
„Keine, solange du dem angetrunkenen Simon nichts sagt.“ David grinste.
„Jaa, aber was wäre denn meine Strafe gewesen, wenn ich sie machen müsste?“
„Jägermeister für mich und Wet- T-Shirt Wettbewerb für dich.“ Mir klappte die Kinnlade runter.
„Keine Sorge, meistens macht das nie ein Mädel alleine.“
„Und das soll mich jetzt beruhigen was?“ Ich lachte.
„Vielleicht.“ Er lächelte verschmitzt.
„Wie kams eigentlich, dass du mit Leuten rumhängst wie..“
„Wie Simon?“ beendete David meinen Satz. Ich nickte.
„Mein Vater hat mich, wie du sicher noch weißt, immer etwas dazu animiert Fußball zu spielen.“
„Animiert.“ Zischte ich. Gezwungen traf es dann doch wohl eher.
„Naja, auch wenn du es nicht glauben wirst, irgendwann war ich gut genug, dass ich in die Mannschaft aufgenommen wurde und die Jungs kennengelernt habe. Es war gar nicht so übel, sie nahmen mich auf alle Treffen mit und ich lernte viele neue Leute kennen und schließlich fing mir das Fußball spielen auch an, Spaß zu machen seitdem mein Vater nicht mehr alles darüber bestimmte.“
Ich lächelte, er wirkte insgesamt viel zufriedener als früher.
„Was macht dein Vater jetzt?“
„Er lebt in der Schweiz mit seiner neuen Freundin, die fast so alt wie wir.“
„In der Schweiz???“ fragte ich ein Ticken zu laut.
„Ja, er hat da eine neue Kanzlei. Ich war schon einmal drin. Die haben einen Springbrunnen im Foyer.“ Er grinste.
„Wow.“, sagte ich etwas überrascht.
„Was macht ihr hier?“ fragte jemand hinter uns.
Wir drehten uns um.
Na super. Simon.

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